Barmherzigkeit mit den Tätern?
Fragen an die Theologie nach Auschwitz heute
„Falls ich versuchen könnte zu verstehen – aber es wird mir nie gelingen –
weshalb mein Volk zum Opfer wurde, so werden andere Leute verstehen müssen,
warum die Mörder Christen – sicher schlechte Christen – waren.“
Elie Wiesel
Studiennachmittag am 3. Dezember 2016, 14 – 18 Uhr,
Haus am Dom in Frankfurt am Main
mit
Dr. Norbert Reck, Theologe, München
Franz-Karl Klug, Pastoralreferent, St-Josef Höchst, AG Geschichte und Erinnerung - Initiative zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
Prof. Dr. Ursula Rudnick, Theologin, Hannover
Nach Kriegsende waren die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschland nicht mehr zu leugnen. Die Verantwortung dafür wurde jedoch pauschal an „die Nazis“ delegiert, die eigene Beteiligung nicht in den Blick genommen. „Schuld“ an allem war eine definierbare Gruppe, zu der man selbst nicht gehörte.
Auch die katholische Theologie vermied lange die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit – hatte das “katholische Volk” sich ja grundsätzlich “in so weitem Ausmaße von dem Götzendienst der brutalen Macht freigehalten” (Gemeinsamer Hirtenbrief der katholischen Bischöfe vom 23. August 1945). Zugleich wussten auch die Bischöfe: Nicht nur ausgewiesene Nationalsozialisten hatten getötet, sondern auch überzeugte Christen gehörten zur Gruppe der Täter. Die Theologie reagierte darauf zunächst nicht.
Der Studiennachmittag stellt Fragen an die Theologie nach Auschwitz und die daraus resultierenden Herausforderungen an den christlich-jüdischen Dialog – denn der Blick auf die eigene Schuld und Verantwortung ist nicht nur alternativlos, er ist auch ein Schritt zur eigenen Befreiung:
„Der Blick auf die Täter verändert die Theologie. Er befreit die Theologie nach Auschwitz von dem Zwang, immer neue Entwürfe eines zukünftigen, idealtypischen Christentums hervorzubringen, und führt sie stattdessen zur Auseinandersetzung mit der konkreten christlichen Theologiegeschichte und somit zur Verantwortungsübernahme für das real existierende Christentum.“ (Norbert Reck)
ReferentInnen-Info:
Norbert Reck promovierte 1998 über die Bedeutung der Zeugen der Konzentrationslager für die Theologie. Neben Vortragstätigkeit und Lehraufträgen ist er Redaktionsmitglied der “Stimmen der Zeit”, bis vor kurzem war er verantwortlicher Redakteur der deutschen Ausgabe von “concilium”.
Weblink: www.norbertreck.de
Franz Karl Klug ist Pastoralreferent in St. Josef in Höchst/Frankfurt am Main und engagiert sich in der “AG Geschichte und Erinnerung. Initiative zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus”: Die Initiative erinnert in jedem Jahr an die Ereignisse des 9. November 1938 mit einem Rahmenprogramm und kümmert sich um neue Stolpersteinen in Höchst und den angrenzenden Stadtteilen, einschließlich der Recherche und Dokumentation des Schicksals der einzelnen Menschen.
Weblink: www.st-josef-hoechst.de/ag_geschichte.html
Ursula Rudnick ist ordinierte Pfarrerin der Hannoverschen Landeskirche. Sie promovierte 1994 über das Gottesbild in der Dichtung von Nelly Sachs am Jewish Theological Seminary in New York. Seit 2008 ist sie Geschäftsführerin und Studienleiterin von “Begegnung - Christen und Juden. Niedersachsen e.V.”, außerdem lehrt sie als außerplanmäßige Professorin an der Leibniz-Universität in Hannover.
Weblink: www.ithrw.uni-hannover.de/ursula_rudnick.html
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Eintritt: 10 € / erm. 7 €
Anmelde-Nr.: A20161203DK
Veranstaltungsort: Haus am Dom, Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main
Kooperation
Katholische Akademie Rabanus Maurus
Katholische Erwachsenenbildung Frankfurt
Initiative Kirche von unten (IKvu)