Dienstag, 03. Oktober 2023

Glückwünsche und andere Wünsche
zum 25jährigen Weg der Initiative "Kirche von unten"

Grußwort von Margot Käßmann

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Grußwort von Hans Küng

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Grußwort von Matthias Drobinski

Matthias Drobinski, Redakteur der Süddeutschen Zeitung


Ja, herzlichen Glückwunsch, liebe Ikvu! 25 Jahre sind ein schönes Alter, wenn man bedenkt, wie wenig Geld hinter Dir steht (wir duzen uns doch, wo wir uns doch so lange schon kennen?) und wie klein manchmal das Häuflein der Aufrechten geworden ist, das sich immer wieder unverdrossen und voller Engagement für Dich in jede mögliche Bresche schmeißt.

Du hat in dem Vierteljahrhundert, in dem es Dich gibt, viel bewirkt, liebe Kirche von unten. Hast bewegende Alternativ-Katholikentage organisiert, als das Zentralkomitee der deutschen Katholiken noch nichts von Hans Küng wissen wollte, nichts von der Friedens- und Ökologiebewegung und nichts von der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, naja, da vielleicht ein bisschen, hinten links, wo die kirchlichen Hilfswerke ihre Stände hatten. Du bist zur Heimat geworden für die Lesben und Schwulen, die ihre Partner lieben und trotzdem Teil der katholischen Kirche sein wollen, für die verheirateten Priester und ihre Familien, für die vom Zölibat betroffenen Frauen, die Kirchensteuerkritiker und Ökumene-Drängler, die Frauenbewegten. Für alle also, die eher am Rande ihrer Kirche stehen und sich trotzdem Gott genauso nahe fühlen wie jene, die sich im Zentrum sehen (oder wähnen). In den Köpfen Deiner Freunde wachsen die Visionen, die der etablierten Kirche oft fehlen; manchmal leider wachsen sie nicht, sondern wuchern. Doch alles in allem müssten fünf Jahre Engagement in der IKvu tausend Jahre Fegefeuer ersparen (wenn der Gedanke sich nicht aus aufgeklärt-theologischer Sicht verböte).

In den vergangenen Jahren ist es trotzdem ruhig geworden um Dich, liebe IKvu. Die Konflikte, die Du kämpftest, sind weitergewandert; der, auf den so viele Deiner Pressemitteilungen zielten, ist inzwischen Papst, und es ist irgendwie uncool geworden, ihn anzuschießen. Du bist älter geworden, und der flammende Protest von einst hat sich zur Klage gewandelt, zur viel zu oft gesungenen Melodie in Moll. Du nennst Dich Basisbewegung und ahnst doch, dass die katholische Kirchenbasis ganz anders aussieht als eine Konferenz der Kirche von unten, und vielleicht geht es Dir manchmal so wie mir: Ich stelle mir vor, wie es wohl wäre, wenn zu Ostern Papst Benedikt XVI. sich auf den Balkon übe dem Petersplatz stellen und verkünden würde, dass alles, woran wir uns so ein katholisches Leben lang gerieben haben, abgeschafft wäre. Wir würden erst einmal alle ganz schön erschrecken, glaube ich.

In diesem Sinne: Bleib tapfer, liebe IKvu! Sei, werde fröhlich! Verdrieße nicht, denn erst der Humor macht den Glauben menschlich. Und bewahre Deine Prophetengabe, der Talent zum Drängeln. Egal, wie realisierbar oder realistisch jede Idee sein mag: Ideen gibt es nie genug.

Dein Matthias

Grußbotschaft - Worte der Danksagung von Jacques Gaillot

Jacques Gaillot, Bischof von Partenia


Dieser 25. Jahrestag ist Anlass, Gott zu danken für die zurückgelegten Wege und besonders, für die sich vor euch eröffnende Zukunft.
Gibt es Wunder, die beim Herrn unmöglich sind? (Genesis 18,14)
Das, was der Herr zu Abraham sagte, gilt auch für euch.
Ich freue mich sehen zu dürfen, wie sich in unseren Tagen ein Gefühl der »Weltbürgerschaft« entwickelt. Wie die Menschlichkeit wächst und Grenzen überschreitet.
Bei Solidaritätsveranstaltungen mit den Ärmsten kommen Intoleranz und zunehmende Ungerechtigkeit als wichtiges Augenmerk hinzu.
Heute ist überall zu spüren, wie wichtig es ist, denen »im Stich Gelassenen« Chancen für den Ausweg zu geben.
Ihr an der Basis lebt so, mit der Kraft des Geistes und in der Nachfolge Jesu, der uns zu seinem Vater führt, zum Vater der Menschheitsfamilie.
Habt dank, dass ihr Zeugnis ablegt für das Reich Gottes, das bereits jetzt schon mitten unter uns ist.
Möge euch der Friede und die Freude Gottes auf all euren Wegen begleiten und immer bei euch sein.

Grußwort von Alexander Groß

Alexander Groß, ehem. Leiter der Jugendakademie Walberberg

 

Im Rückblick: ein faszinierender Prozess


Im Jahr 1972 fiel mir ein Buch in die Hände, dass mich und meine damalige berufliche Tätigkeit wesentlich veränderte. Verfasser dieses Buches war der in Europa noch nicht sonderlich bekannte brasilianische Volkspädagoge Paulo Freire aus Recife/Brasilien. „Pädagogik der Unterdrückten“ - so lautete der Titel. Es wandte sich sowohl gegen die Mechanismen in den politisch-ökonomischen Bildungs-Strukturen als auch an das Bewusstsein in den eigenen Köpfen. Im Mittelpunkt stand ein Bildungskonzept, das sich als ,Praxis der Freiheit’ (und Befreiung) verstand und Ausbrüche aus der weit verbreiteten ,Kultur des Schweigens’ anstrebte. Inzwischen sind die Gedanken und Konzepte Paulo Freires Grundlagen großer Veränderungen in der ,Volkerziehung’ nicht nur im lateinamerikanischen Kontinent, sondern weltweit geworden.

Die Lektüre des eingangs erwähnten Buches war sogleich der Impuls, mit anderen die eigenen Erfahrungen und Erwartungen auszutauschen. Als Mitarbeiter in der Jugendakademie Walberberg hieß das für mich: möglichst bald ein Seminar auszuschreiben, das sich mit ,Paulo Freire’ befassen sollte. Im Mai 1973 kam es zu diesem ersten Freire-Seminar, an dem auch Interessenten aus den benachbarten europäischen Ländern teilnahmen. Das erste Treffen legte zugleich den Grundstock für die Bildung der ,Europäischen Arbeitsgruppe Bewußtseinsbildung’ und nachfolgend der ,Paulo-Freire-Gesellschaft’.

Diese und weitere Erfahrungen in der pädagogischen Reflexion und Aktion konnte die Jugendakademie Walberberg in die Gründung der ,Initiative Kirche von unten’ Anfang der 80er Jahre einbringen. Vor allem geschah dies während des Katholikentages vom 4. - 8. Juni 1980 in Berlin, konkret in der evangelischen Gemeinde am Lietzensee. Dort, nicht weit vom offiziellen KT, hatte die Initiative buchstäblich ihre Zelte aufgeschlagen. Der Zustrom vieler, vor allem jüngerer TeilnehmerInnen, ließ eine große Hoffnung und Begeisterung aufkommen.

Die Jugendakademie hatte sich in dem Gesamtprogramm der Ikvu mit einer eigenen Veranstaltung eingebracht, nämlich der Vorstellung der ,Freire-Pädagogik’. Methodisch geschah diese Einführung durch die Präsentation einer Diareihe, in der die Erfahrungen mit der Volkspädagogik von Paulo Freire in Guinea-Bissau vorgestellt wurden. Die einfachgemalten Bilder und der entsprechende kurze Text hierzu waren starke Impulse, über die eigene bildungspolitische und erkenntnistheoretische Befindlichkeit nachzudenken und die Hintergründe der Alphabetisierung im europäischen Kontext kritischer offen zu legen. In dieser Diaserie stach ein Bild besonders hervor, das eine Schule oben in den Wolken zeigte, an der lange Seile festgemacht waren und an deren Enden sich Menschen bemühten, sie zurück auf die Erde zu ziehen. Von den kolonialen Unterdrückungsmechanismen in Guinea-Bissau war es nicht weit, die eigene ,Kolonialisierung’ unseres Bewusstseins und unserer europäisch geprägten Bildungsziele aufzuspüren und infrage zu stellen. Dass dieser Impuls und der nachfolgende Prozess vor der Kirche und der Religion nicht halt machten, war nicht überraschend. Optisch kam dies an vielen Stellen und Publikationen durch die Übernahme gerade dieses Dia-Bildes in der Ikvu zum Ausdruck; allerdings war das oben im ,Wolkenkuckucksheim’ nicht die Schule, um die es primär ging, sondern jetzt war es die Kirche. Sie sollte mehr geerdet werden, mehr einer Volkskirche entsprechen. Das waren Wunsch und Hoffnung vieler damals am Lietzensee - auch der Jugendakademie Walberberg. Es tut gut, sich nach über 25 Jahren an dieses kleine Diabild zu erinnern, das so prägnant Weg und Ziel der Ikvu darstellt.

PS. Leider hat die Kirchenleitung - wie so oft - diese Aufbrüche nicht verstanden, geschweige akzeptiert.

Grußwort von Gotthold Hasenhüttl

Gotthold Hasenhüttl, em. Prof. für systematische Theologie in Saarbrücken


Notwendiger denn je ist der Strukturwandel in der Kirche. Weihbischof Krätzl von Wien sagte: "Niemand bezweifelt, dass sich die Kirche verändern muss". Wer nichts in dieser Richtung tut, wird sich am Ende seines Lebens den Vorwurf gefallen lassen müssen: "Mein Antlitz war in der Kirche entstellt, und Du hast nichts getan, um es wieder ansehnlicher zu machen!"

25 Jahre bemühte sich die IKvu darum, die Kirche in die Freiheit Jesu Christi zu führen. Wenn auch der Erfolg nur gering ist, so ist doch das Ringen um die Befreiung der Kirche von den selbstangelegten Fesseln einer der wichtigsten Dienste an ihr. Nur die Basis kann diese Befreiungsarbeit leisten. Vielleicht wird dann eines Tages wahr, was Papst Benedikt XVI. so treffend gesagt hat: "Die Kirche ist nicht eine Kirche der Gebote und Verbote, sondern der Liebe". Wäre dies heute schon wahr, dann hätte die IKvu ihre Existenzberechtigung verloren.

So lange es jedoch nur bei schönen Worten und keinen Taten bleibt, ist ihre Existenz bitter notwendig. Ich wünsche der IKvu daher, dass sie nie den Mut verliert und in den nächsten Jahren noch intensiver ihre Kraft einsetzt, damit Kirche wirklich Kirche Christi werde!

Herzlichen Gruß
 
Gotthold Hasenhüttl

Grußwort von Maria Jepsen

Maria Jepsen, Bischöfin für Hamburg in der nordelbischen evang.-luth. Kirche


Dass Gott Jesus, den Christus, in Bethlehem zur Welt kommen ließ und nicht in Jerusalem, der Hauptstadt – es ist, als hätte Gott damit einen Hinweis wiederholen wollen, den er auch schon mit seiner eigenen Erscheinung vor Mose in einem Dornbusch gegeben hatte: es braucht für das Lebendigwerden des Glaubens nicht die exklusiven oberen Etagen, nicht die hohen Zedern des Libanon, nicht Glanz und Gloria – sondern Glauben entsteht und gedeiht unter den normalen Bedingungen des Alltags, im Miteinander und Leben in den Gemeinden. Es muss nicht Rom, es muss nicht Genf, es müssen keine Kathedralen sein. Küchentische tun es auch.  
Dort, wo man sich nicht nur zu Konferenzen an großen Tischen trifft, sondern tagtäglich seinen Glauben im Miteinander zu bewähren versucht.

Das Schöne ist, dass wir uns auf der gemeindlichen Ebene, quer durch die Konfessionen, tatsächlich auch näher sind und uns häufig schon wirklich als Brüder und Schwestern erkennen, unseren Zusammenhalt längst schon spüren, wenn kirchliche Hierarchien und Dogmatiken und konfessionelle Theologien noch Gräben und Trennungen empfinden oder aus Gewohnheit behaupten oder wenn Kirchenfürsten Machteinbußen fürchten und uns verbieten wollen, gemeinsam an einem Tisch zu sitzen.

Manchmal ist das Leben auch dem Bewusstsein voraus.

Natürlich erlebt man auch an der Basis die Unterschiede und die Eigenarten der anderen Konfessionen und stimmt längst nicht mit allem überein. Manche religiöse Sitte lässt einen auch schaudern – aber man erlebt eben auch, dass die verschiedenen Prägungen des Glaubens nicht trennende Gräben sind, noch gar sein müssen.

In dieser Zeit des beginnenden interreligiösen Dialogs und der mit ihm einhergehenden Sichtung der eigenen Religion, kehrt nun endlich ein alter, lange verschütteter Begriff ins Bewusstsein zurück: das Wort Christenheit.  
Ich gehöre nicht nur einer der Konfessionen an, sondern auch – und das ist mehr – der Christenheit.
Nach unserem Glauben gefragt, sind wir in Deutschland geradezu darauf gedrillt, gleich zu antworten: ich bin evangelisch oder katholisch oder gehöre zu der oder jener Freikirche – statt selbstverständlich erst einmal zu sagen: ich bin Christ oder Christin, bin christlich.
Dass wir so schnell nur die konfessionelle Antwort geben, ist zwar aus der Kirchengeschichte seit der Reformation verständlich und nahe liegend. Aber der Vorgang an sich ist seltsam. Ich kann mir gut vorstellen, dass in Zukunft die Gesamtbindekraft des Christlichen als bedeutender und identitätsstiftender empfunden werden wird, dass dadurch das Konfessionelle erst unsere zweite Antwort wird und wir die konfessionelle Schere in unserem Kopf  mehr und mehr beiseite legen.

Sie in der Initiative Kirche von unten beherzigen diese tiefe Verbindung aller Christenmenschen in Ihrem Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung wie selbstverständlich seit langem.

Von Herzen gratuliere ich Ihnen zu Ihrem 25jährigen Jubiläum und setze weiter auf die Verbindungen und Impulse, die Haltekraft Ihres Netzwerkes!
Denn in der Tat: die Fäden, die der Heilige Geist immer neu zwischen uns unterschiedlichsten Christinnen und Christen knüpft, sind gewiss haltbarer als manch alte konfessionelle und hierarchische Gerüste.
Darauf lassen Sie uns weiter vertrauen und dafür Gottes Segen erbitten und uns gegenseitig ermutigen und kritisieren auf unseren Wegen in der Nachfolge Christi.

Maria Jepsen, Hamburg, im März 2006

Grußwort von Wolf-Dieter Just

Wolf-Dieter Just, Gründungsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche


Ist doch eigentlich seltsam, dass es so etwas wie eine Initiative „Kirche von unten“ überhaupt braucht: - ist denn nicht der Gründer dieser Kirche in einem Stall zur Welt gekommen, gehörte er nicht zur Welt der „kleinen Leute“, nahm Partei für die Ohnmächtigen und Gedemütigten seiner Gesellschaft, ging selbst ohnmächtig ans Kreuz...? Kann die Kirche in der Nachfolge dieses Jesus von Nazareth  eigentlich etwas anderes sein als Kirche „von unten“, etwas anderes  tun als den Armen frohe Botschaft  verkündigen, den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, den Blinden, dass sie sehen werden (Lk 4)?

Die IKvu gibt es, weil dies nicht der Fall ist. Sie ist der Stachel im Fleisch einer Kirche, die Gottes Option für die Armen und Machtlosen immer wieder verraten hat und verrät - und damit ihre eigene Identität als Kirche des Gekreuzigten Christus auf´s Spiel setzt.

Ich habe die Solidarität der IKvu vor allem in der bundesweiten Kirchenasylbewegung schätzen gelernt. Diese Bewegung steht ein für Flüchtlinge, denen bei einer Abschiebung Gefahren für Leib, Leben, Würde und Menschenrechte drohen. Wo staatlicher Schutz versagt, gewähren Kirchengemeinden Asyl „von unten“ – und finden so zurück zu dem, der uns im bedrohten Fremden selbst entgegentritt.

Wolf-Dieter Just

Grußwort von Norbert Mette

Norbert Mette, Prof. für Religionspädagogik und Praktische Theologie an der Universität Dortmund


Wir brauchen noch einen langen Atem; aber wenigstens der Anfang ist gemacht.

Viele Grüße
Norbert Mette

Grußwort von Johann Baptist Metz

Johann Baptist Metz, em. Prof. für Fundamentaltheologie


Grüße und gute Wünsche in Erinnerung an 1980!

Kümmert Euch um jene mystisch-politischen Einstellungen im Evangelium, die gerade in den Stürmen der Globalisierung gefordert sind. Wie wäre es z.B. mit – Compassion?

Johann Baptist Metz

Grußwort von Peter Bürger

Peter Bürger, katholischer Theologe und Publizist


Kirchlich induzierte Magenschmerzen sind der Gesundheit abträglich und der Freude am Christsein auch. Kirchengeschädigte blockieren nicht selten mit ihren „Altlasten“ vielversprechende Begegnungen von Menschen, die neue Christenwege für Gegenwart und Zukunft suchen. Viele kritische Christen lösen Probleme dieser Art, indem sie das Thema „Amtskirche“ ein für allemal zu den Akten legen. Doch wer bleibt dann für ein kirchenpolitisches Engagement zurück? Die IKvu und die durch sie vernetzten Initiativen nehmen einen unkomfortablen Platz ein – zwischen den Stühlen des amtlichen Apparates und der emanzipierten „kirchenfreien“ Christen. Für ihre undankbare Arbeit hat sie nach einem Vierteljahrhundert ein großes „Dankeschön“ verdient.

Ich schätze die Bandbreite der IKvu, ihre ökumenische und weltkirchliche Orientierung. Der Verketzerung befreiungstheologischer und tiefenpsychologischer Ansätze hat sie sich gleichermaßen widersetzt. Die Treue zu einer politisch wachen Theologie hat sie gehalten, als viele einstige Mitgefährten schon längst im „neoliberalen“ Zeitalter sesshaft geworden waren. Die Sorge um kirchenkritische Anliegen – von der Sexualethik bis hin zu den Frauenrechten – hat in ihr nie dazu geführt, sich auf eine kirchenreformerische – peinliche – Nabelschau zurückzuziehen. Herzlichsten Glückwunsch!

Zwei Wünsche für den weiteren Weg möchte ich formulieren:

Die friedenspolitische Zurückhaltung der beiden Großkirchen gehört für mich derzeit zu den schmerzlichsten Befunden. Militärdoktrinen mit wirtschaftlichen Interessensvorgaben und Nuklearstrategien (mit Erstschlagoptionen) widersprechen dem Grundkonsens der weltkirchlichen Ökumene. Das muss nicht erst in langen friedensethischen Traktaten ermittelt werden. Der Widerspruch zur Politik der NATO, Europas und Deutschlands betrifft nicht mehr unterschiedliche Anschauungen über Wege der „Friedenssicherung“, sondern die neuen Zielvorgaben des Militärischen. Die IKvu sollte mithelfen, die Kirchen eiligst wachzurütteln. Nachdem der deutsche Nationalkirchengeist in beiden Konfessionen der Weltchristenheit in zwei Weltkriegen die größten Schandflecke bereitet hat, kommt dem Thema der Remilitarisierung höchste Dringlichkeit zu.

Für die Zukunft einer „Kirche von unten“ erträume ich mir ein breites Netz ökumenischer Basisgemeinden: Werkstätten für ein neues Christsein, fromm, musikalisch und politisch engagiert, mystisch und aufgeklärt, auf den Einzelnen, den nahen Ort und die globale Ökumene schauend ... Diese experimentellen „provisorischen“ Gemeinden sollten keine neuen Kirchengründungen sein. Sie dürften nicht aus Kirchenkritik und Abgrenzung zu den Großkirchen ihren Weg entwickeln. Wer einer Amtskirche angehört, sollte sich nicht von ihr trennen müssen. Wer keiner Kirche angehört, wäre ebenfalls willkommen. Zu gewährleisten ist in dieser Vision allerdings, dass auf allen Ebenen Abhängigkeiten und amtskirchliche Einflussnahmen (bzw. Erpressungen) ausgeschlossen bleiben. Ein solcher Kirchenweg von unten scheint mir die einzige Möglichkeit zu sein, den kirchensteuerfinanzierten Erhaltungsapparat aufzubrechen und glaubwürdige Räume für suchende Jugendliche zu bereiten. Fromme Träume dieser Art, viel Verstand und einen womöglich heiteren Glauben wünsche ich der Ikvu-Bewegung.